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1. Geographische Bilder aus allen Erdtheilen - S. 2

1878 - Danzig : Verlag und Druck von A. W. Kafemann
2 Bilder aus Europa. Die Meeresstraßen heben bis auf einen gewissen Grad die Abge- schiedenheit vom äußern offenen Gewässer der freien Weltmeere wieder auf. Wäre diese Abgeschiedenheit vollständig eingetreten, so würde sie Europa in eine für das Ganze höchst nachthauige Absonderung versetzt haben. Die mittelbare Verbindung mit den offenen Oceanen gab Europas Stellung unendliche Vorzüge vor den unmittelbar offen vom großen Weltmeer be- spülten Gestaden. Denn die mehr oder weniger engen Meeresstraßen sind uferreichen Canälen gleich, bilden gleichsam gewiesene Wege, die das noch unbehilfliche Völkergeschlecht von Ufer zu Ufer, von Vorgebirge zu Vor- gebirge, von Insel zu Insel, von Volk zu Volk, von einem Gestadelande zum andern führen mußten. Man denke nur an die Anfänge der Phönizier- fahrten und aller Küstenschisferei. Die freien Weltmeere breiten sich in un- ermeßlicher Einöde aus; sie scheuchen die unerfahrenen Völker im Zustande der Kindheit zurück. Die engen Meeresstraßen dagegen locken aus friedliche Weise die Phantasie der noch wenig gebildeten Völker hinüber zu den sicht- baren und sonst wohl merkbaren Gegenständen der Nachbarschaft. So gingen die Phönizier nach Cypern, dem Archipel, Sicilien und Carthago bis Gades, die Kleinasiaten nach Thracien und dem Pontus, die Griechen nach Troja, dem Peloponnes, Unteritalien re. Kühne Ueberschritte er- weitern die Grenzen der Heimat, des ganzen Festlandes. Eine wichtige Rolle übernahmen sehr frühzeitig die Gestade des mittelländischen und schwarzen Meeres, der Nord- und Ostsee, der Canal zwischen Frankreich und England. Ohne eine so günstige Vertheilung von Wasser und Land hätten die Süd- und Westenden Europas einen ganz andern Gang der Entwickelung nehmen müssen. Wie würde Griechenland in alter Zeit ohne die Gegengestade der Aegppter, Phönizier, Kleinasiens und seines Archipels im ägäischen und jonischen Meere verarmt geblieben sein. Wie wenig würde sich Italien ohne die Gegengestade Südgriechenlands, Siciliens, Karthagos, — Eng- land und Scandinavien ohne die Gegengestade nach allen Seiten hin haben erheben können. Und dies sind nur einander ähnliche Erscheinungen im Kleinen, wie sie die Weltstellung Europas in Beziehung auf das ganze Erdenrund darbietet. Man denke nur an das Gegengestade Ostamerikas und an seine mächtig rückwirkende Kraft auf das gesammte Europa in den letzten Jahrhunderten. Wie ragen dagegen die Südenden Amerikas und Afrikas hinaus in die Einsamkeit des Weltmeeres! Nach C. Ritter. 2. Das nördliche Eismeer. Wenn ich mir die außerordentliche Pracht, den wunderbaren Schmuck jener Eisfelder am Nordpole denke, wenn ich mich an die licht-, glanz- und farbenreiche Herrlichkeit erinnere, wie man sie im Eismeere findet, so muß ich staunen über das Schöne und Erhabene, womit jene von Kälte starrenden Einöden prangen. Unser Herz gerüth in Entzücken, und ehrfurchtsvolle Bewunderung ergreift unsere Seelen, wenn wir die aus Eis geschaffenen, meilengroßen, thurmhohen, schwimmenden Inseln erblicken und ihr Strahlen, Funkeln und Blitzen im Wiederscheine der Sonne sehen. Unser Inneres wird auch von Schrecken und Furcht überwältigt, wenn wir uns von diesen Eis- bergen umringt sehen und nach keiner Seite hin sich eine Aussicht öffnet. Da überfällt den Beherztesten ein Zittern; der Muthigste fühlt feine Ohn- macht und der Kühnste bebt. rr , r. Wenn man das Eis am Nordpol durch Feuer in Wasfer verwandelt, so ist es trinkbar; alle Salztheile und Bitterkeiten sind von ihm geschieden.

2. Geographische Bilder aus allen Erdtheilen - S. 4

1878 - Danzig : Verlag und Druck von A. W. Kafemann
4 Bilder aus Europa. und ihn zum Hinabfallen zwingt. Ohne diese Zerstörungen der mächtigen Naturkräfte würden die Eisfelder sich bald zu den höchstes Gegenden der Erde erheben. Hier, wo man Stille und Tod ahnt, hört es nicht auf zu knallen, zu donnern, zu toben und zu krachen. , Aber so ist die Natur; da, wo sie ohne reges und thätiges Leben zu sein scheint, zeigt sie sich am wirksamsten und thätigsten, schafft unaufhörlich neue Scenen, Gestalten, Gemälde und läßt oen Zuschauer glauben, bei ihren Schöpfungen selbst gegenwärtig zu sein. Da steigen plötzlich Berge empor, dort sondern sich Thäler, hier breiten sich Meerbusen aus, da ent- stehen Grotten, Thürme werden aufgeführt u. s. w. Man sieht die unge- heuersten Eispfeiler, Säulenordnungen, glänzend wie Smaragd, freie, schwe- bende Gewölbe, und in der höchsten Lustregion Brücken, die eine Zauber- macht erbaut zu haben scheint. Da sind sinstere Höhlen, dunkle Abgründe, in die kein Sonnenstrahl dringt. Ganze Gegenden sind mit allen Regen- bogenfarben geziert und erleuchtet. Kurz in ein Feenland scheint man ver- setzt zu sein. ' Kampf einer Bootsmannschaft mit Wallrossen. Diese Eisgefilde werden von Seehunden und Seerobben bewohnt, die im strengsten Winter auf dem Eise liegen und schlafen. Die mächtigen Wallrosse, welche bis 6 Meter lang werden, sind gefährlich, wenn man im Eismeer Jagd aus sie macht. Wird eins der Thiere verwundet, so kommen dessen Kameraden herbei, und es beginnt ein gewaltiger Kampf zwischen Menschen und Wallrossen. — Auch der fürchterliche Eisbär streicht umher und wandert auf den Eisschollen von einen: Berge zum andern. Eis- und Sturmvögel durchschwärmen die Lust in Scharen, die sich an den reichen von süßem Wasser, welche aus dem geschmolzenen Schnee und Eis entstan- den sind, zum Theil ernähren. Weiter nach dem Pol hin scheint alles st:ll zu stehen und eine öde, todte Unveränderlichkeit zu herrschen. Nach Brisson u. a. 3. Die Ostsee. Die Gestalt der Ostsee ist eine lang von Süden nach Norden ge- streckte. Das Kauptbecken ist der südliche Theil, aus dessen Mitte d:e Insel Gothland hervortritt. Nach Norden geht d:e Ostsee gabelförmig m zwe:

3. Geographische Bilder aus allen Erdtheilen - S. 8

1878 - Danzig : Verlag und Druck von A. W. Kafemann
Bilder aus Europa. der Nil seit Jahrtausenden mächtige Schlammmassen in das Meer wälzt. Diese werden von der Strömung nach Osten getragen, am Port Said, dem nördlichen Endpunkte des Suezkanals, hin. Sie werden demselben nicht minder Schlamm zuführen, als sie es den syrischen Häsen stets gethan; Ascalon, Sidon und Tyrus sind durch ihre Einwirkungen in Landstädte verwandelt oder doch für die Schifffahrt unbrauchbar gemacht, und auch der Hafen von Seleucia ist durch sie versandet worden. Von Alexandrette ab läuft sie dann, der nach Norden vorliegenden Landschranke wegen ihre Richtung verändernd, an der Südküste Kleinasiens nach Westen hin bis über Rhodus hinaus, wo sie mit der aus dem schwarzen Meere durch den Bosporus und die Dardanellen ins ägäische Meer flutenden Strömung zusammentrifft. Diese letztere führt dem Mittelmeer eine beträchtliche Masse Wassers zu. Zwei große, fast abgeschlossene Einbuchtungen bildet das Mittelmeer, die selbst wieder Meere genannt werden: das adriatische und das schwarze Meer. Die eine derselben dringt als lange, schmale Spalte weit nach Norden hin vor, die andere breitet sich kesselartig, wie ein großer Landsee, aus. Beide gewähren darin ein Abbild des Hauptbeckens im Kleinen, daß sich auch an ihnen ganz verschiedene Nationalitäten berühren. Das adriatische Meer vermittelt den Verkehr der Centralländev Europas mit dem Orient, und das ihm an Gestaltung ähnliche rothe Meer bildet gleichsam eine Fortsetzung desselben, besonders seit durch den Suez- kanal eine ununterbrochene Fahrt aus dem einen in das andere ermöglicht ist. Er hat als Vorland die Levante und alle Küstenländer des östlichen Beckens des Mittelmeers, als Umland Italien, Croatien, Dalmatien, Alba- nien, als Hinterland das deutsche Oesterreich. Der Seefahrer, welcher von Süden her durch die schmale Straße von Otranto eindringt, bemerkt sogleich den großen Kontrast, in welchem die beiden Seiten der Adria zu einander stehen: Die östliche Küste ist im allgemeinen felsig, voll Inseln und Häfen, aber arm an Einwohnern, an Lebensmitteln und an vielen Orten selbst an Trinkwasser; die Küste dagegen ist verhältnißmäßig seicht, arm an geräumigen Häfen, aber reich an Bevölkerung, allen möglichen Vorräthen und an gutem Wasser. Die Westküste zeigt ein viel regelmäßigeres Abfallen des Meeresbodens und fast nirgends so schroff abfallende Küsten, wie auf der Ostseite, zum Theil in Folge der Meeresströmung, die sich unsern der Ostküste hinzieht, im innersten Theile des Golfes eine Wendung (von Triest nach Venedig) macht und an der Westküste zurückflutet. Im nördlichen Winkel hat sich durch den Schlamm und Sand, den die Küstenflüsse mit sich führen und ablagern, eine ganze Linie von Sandbänken gebildet, die durch das Ungestüm der Meeresfluten mehrfach durchbrochen und in eine Inselkette aufgelöst wurde.. Diese schließt ein nur durch schmale Durchfahrten mit der See irp Verbin- dung stehendes Bassin ab, um welches sich im Laufe der Jahrtausende die Lagunen gebildet haben. Am adriatischen Meere berühren sich Italiener, Deutsche, Slaven,. Albanesen und Griechen, welche sämmtlich durch dieses Gewässer auf ein- ander angewiesen sind. Das schwarze Meer oder der Pontus Euxinus der Alten, dieses wegen seiner oft und plötzlich eintretenden Stürme bei allen See- fahrern verrufene und gefürchtete Binnenmeer, dessen weiter Spiegel die verschiedenartigsten Uferbildungen, von der niedrigen Schlammdüne bis zur rebengekrönten Felsenwand, ja, im Osten die hochgethürmten Schnee- gipfel des Kaukasus zurückstrahlt, berührt mit seinen Wellen, zwei Welt- theile scheidend, russischt Gebiete und Theile des türkischen Reiches. Die

4. Geographische Bilder aus allen Erdtheilen - S. 9

1878 - Danzig : Verlag und Druck von A. W. Kafemann
Das mittelländische Meer. S Ausdehnung der dasselbe umgebenden Ufer beträgt 400 Meilen, seine Oberfläche 'etwa 8509 S Meilen, seine bedeutende Tiefe im Durchschnitt 300 Meter. Es erhält seine meisten Zuströmungen aus Europa (Donau, Dniestr, Dniepr, Don u. s. w.) und nimmt den Niederschlag von 32,000 lumeilen in sich auf. Der Zusammenhang mit dem Hauptbecken wird vermittelt durch eine prächtig gegliederte Doppelstraße: jene der Dardanellen und des thraci- schen Bosporus. Durch die Dardanellen gelangt der Schiffer aus dem ägäischen Meere in das Marmarameer, die Propontis der Alten. Den Eingang zu dem- selben von Osten her bildet der etwa 4 Meilen lange, bis zu einer Viertel- meile sich verengende Bosporus, wo das goldene Horn als prächtiger Hafen von Constantinopel tief eindringt. In sieben schlangenförmigen Win- dungen zieht dann diese Straße von Constantinopel bis zum schwarzen Meere, das von West nach Ost eine Länge von 140, von Süd nach Nord eine Breite von 65 Meilen hat. Nach Nordost hin nimmt die Küste immer mehr einen flachen Charakter an; von der Mündung des Dniestr an be- ginnen die Strandlagunen, Limane, mit ihrer eigenthümlichen Bildung, welche theilweise an die Haffe und Nehrungen der Ostsee erinnern. Von Norden her erstreckt sich in den an Eilanden ganz armen Pontus die Halb- Jnsel Krim nach Süden hin; sie ist mit dem Festlande nur durch die schmale Landenge von Perekop verbunden; das Wasser im Westen derselben wird als todtes, jenes im Osten als faules Meer bezeichnet. Durch die Straße von Kertsch, den kimmerischen Bosporus, gelangt der Schiffer zu den Getreidehäfen des asow'schen Meeres, das im Gegensatze zum Pontus sehr seichtes Wasser und viele Untiefen ausweist. An den Ostküsten des schwarzen Meeres fehlen gute Häsen, deren auf der Nordküste von Kleinasien mehrere vorhanden sind. Der Pontus war schon in alten Zeiten von See- fahrern belebt; an ihm haben sich stets Völker verschiedener Abstammung berührt: Semiten, Hellenen, kaukasische Stämme, Sarmaten und mongolische Scythen, Italiener, Russen, Türken rc. Seine Bedeutung für den Getreide- handel hat es sich durch alle Jahrtausende hindurch bewahrt und wird sie auch behaupten, weil sein Um- und Hinterland stets auf den Ackerbau an- gewiesen bleiben muß. Gegenwärtig wird es bis in die Mündung des Don hinein von Dampfern befahren, an seinen Gestaden enden heute bereits einige Schienenstränge, und im südöstlichen Winkel liegen Häfen, welche Endpunkte für den persischen Karawanenhandel bilden. Keine andere Region der Erde hat einen solchen Kranz altberühmter Handelsstädte auszuweisen, wie das Mittelineer. Welche Erinnerungen knüpfen sich an Tyrus, Sidon, Karthago, an Milet, Athen, Korinth, an Syracus und Rom; an Constantinopel, Venedig, Genua und Pisa, an Alexandria und so viele andere! Auch in unsern Tagen blühen an seinen Gestaden Handelshäfen von großer Bedeutung: Odessa, Trapezunt, Constanti- nopel, Smyrna, Beyrut, Alexandria, Tunis, Algier, Malaga, Alicante, Valencia, Barcelona, Marseille, Genua, Cagliari, Livorno, Neapel, Palermo, Messina, Ancona, Venedig, Triest. Durch Wasser- und Karawanenstraßen übt das Mittelmeer seine anziehende Gewalt über die weite Handelsstrecke von Donauwörth in Schwaben bis Chartum in Afrika und weiter nilauf; bis Kuka in Bornu und bis Kano in Haussa; von Gibraltar bis Teheran und Bagdad, von Mohilew am Dniepr bis zur Bab el Mandeb. Das Mittelmeer war im Alterthum gleichsam das pulsirende Herz. An ihm stand mehr als eine Wiege der Cultur; hier war immer ein buntes Völkergewimmel, dessen einzelne Bestandtheile sich des Waarenaustausches.

5. Geographische Bilder aus allen Erdtheilen - S. 11

1878 - Danzig : Verlag und Druck von A. W. Kafemann
Finnland und seine Bewohner. 11 seinen Blättern nur in milderen Himmelsstrichen eigen ist. Recht heimisch ist aber die Birke, sie scheut nicht den äußersten Norden und bildet gleich den Nadelhölzern oft die ausgedehntesten Waldungen. Zünden Nadel- holzwäldern gesellt sich der Wachholder, die Landschaft des Südens ziert öfters der Faulbaum mit seinen weißen duftenden Trauben. Ueberallhin verbreitet erscheint der schwarze Vogelkirschbaum. Die Wälder und Sümpfe haben einen unermeßlichen Reichthum an Beeren der schönsten und wohlfchureckendsten Arten; ihre bunten Farben verleihen der Landschaft mit ihrer trüben Eintönigkeit oft einen freund- licheren Anstrich. Da wachsen die Erdbeere, die Himbeere, die blaue und rothe Heidelbeere; hoch im Norden duftet die aromatische Zwerg- oder nordische Himbeere mit ihren rosenrothen Blumenblättern und ihren pur- purnen Früchtchen, deren herrlicher Wohlgeschmack sie würdig macht, auf den Tafeln der russischen Hauptstadt zu prangen. Auf dunklem Moos- arunde belebt der Zwergbrombeerstrauch mit seinen rothgelben Beeren die fahlen Farben öder Niederungen, und wo sich Sümpfe strecken, da ver- deckt die Moosbeere mit ihren immergrünen Blättchen und zahllosen weiß und roth gesprenkelten Beeren ihre Häßlichkeit. Sümpfe, Moore, Wasserzüge und Seen nehmen fast die Hälfte des Bodens von Finnland ein. Von der andern Hälfte, dem festen Boden, sind die höher liegenden Gegenden sandig und geeignet für Weide und Ackerbruch. Die Ackerfrüchte gedeihen auch vielfach auf fruchtbarer Thon-, Schwarz- und Dammerde. Am fruchtbarsten ist die große Ebene um Wasa und das Flußgebiet des Küro, bekannt wegen des trefflichen Roggens. Die Wälder smd an der Küste meist gelichtet, die dichten Bestände des Innern verheert häufig die Flamme; denn Waldbrände sind in Finnland noch immer nichts Ungewöhnliches. Das finnische Volk verleugnet noch jetzt in Sprache, Sitte und Charakter eine historische Dreitheilung nicht. Wer, etwa aus Deutschland oder Schweden kommend, zum ersten Mal den finnländischen Boden betritt, den muß das durchaus Fremdartige der finnischen Sprache auf's höchste überraschen und .den Gedanken sogleich nahe bringen, daß er es hier schwerlich mit einer Sprache aus unserer indo-germanischen Sprachfamilie zu thun habe. Wer Lust und Gelegenheit hatte in den Bau dieser Sprache einzudringen und ihren Geist in der Literatur zu studiren, dem wird ihr orientalischer Ursprung nicht lange verborgen geblieben sein. Als eines der Hauptglieder jener über ein gutes Theil von Europa und Asien verbreiteten ural-altaischen Sprachenfamilie, hat sie sich ungestörter und kräftiger entwickelt, als zwei andere am wertesten westlich vorgedrungene Schwestern, die türkische und die ungarische Sprache. Wir wollen hier nur einiger Haupteigenthümlichkeiten der finnischen Sprache gedenken. Die^ finnische Sprache ist eine schöne, leichte, wohlklingende. Bei aller Vocal- fülle überschreitet sie nie das Ebenmaß. Besonders reich ist sie an Doppel- lauten; sie begnügt sich nicht mit denen unserer Sprachen, sondern bildet neue, äü, öü, üö. Am Anfang des Wortes leidet sie nicht mehr als einen Consonanten (Mitlaut); auch am Ende liebt sie den Vocal. In der Schrift kennt die finnische Sprache keine müßigen Zeichen; der Laut bleibt unab- änderlich derselbe. Die Sprache liebt vielfilbige Wörter; es giebt ihrer bis zu elf Silben. Vermöge der Biegsamkeit ihrer Formen, vermöge der reichen Mannichfaltigkeit ihrer Figuren, ihrer Leichtigkeit in der Bildung neuer Wörter ist die finnische Sprache besonders für die Dichtkunst geeignet. Der Finne liebt den Gesang über alles. Aber dabei hat für ihn" das Wort vor dem Ton den Vorrang. Ihm kommt es wesentlich auf den geistigen Inhalt des Gedichtes, erst in zweiter Linie auf die musikalische

6. Geographische Bilder aus allen Erdtheilen - S. 12

1878 - Danzig : Verlag und Druck von A. W. Kafemann
12 Bilder aus Europa. — Rußland. Ausstattung an. Darum finden wir in den finnischen Gesängen bei großer Armut an Melodie eine Fülle geistreicher Gedanken und unmuthiger Wen- dungen. Hier zeigt sich der Finne so recht als Nordländer; er ist ein Mensch von geistiger Tiefe. Von allem Wissen liebt er das am meisten, welches dem Nachdenken das reichste Feld bietet, die Geschichte, die Mathematik. Diese Richtung des Geistes führt ihn auch oft zu religiösen Grübeleien. Der Finne verleugnet am wenigsten des Nordländers Phlegma. Eines schnellen Entschlusses wird er nur äußerst schwer fähig. Neben dieser übergroßen Bedachtsamkeit steht aber eine andere Eigenschaft: die äußerste vor keiner Schwierigkeit zurückschreckende Beharrlichkeit bei dem einmal Begonnenen. Im Innern des Landes hat sich großentheils alles seit Jahrhunder- ten unverändert erhalten. An den Küsten herrscht aber mehr schwedisches Wesen. Treten wir an einem der langen Winterabende, denn der Sommer ist ja doch nur ein flüchtiger Gast, in die Behausung eines echt finnischen Bauern. Von außen gleicht die Porte (Pirti) dem Blockhause in den Rodungen Nordamerikas. Wände Und Dach sind mächtige Fichten- oder Tannenstämme. Aus einer Oessnung des Daches steigt durch einen Rauch- sang die Rauchsäule. Beim Eintreten umhüllt vorerst dichter Qualm den Blick, dann zeigt sich uns ein seltsames Bild. Die Wände und der aus tannenen Planken gezimmerte Fußboden sind schwarz; denn im Winter geht in der Porte das Feuer nicht aus, das jetzt, genährt durch grobe Tannenscheite, von dem in der Mitte angebrachten massiven Heerd hoch auflodert und, seinen rothen Schein überall hinwerfend, die noch hier und da in den Fugen des Gebälks eingeklemmten brennenden Späne überflüssig zu machen scheint. Hier in diesem Raume, durch keine Zwischenwand getrennt, finden wir den Hausherrn mit seiner ganzen Familie und mit den Haus- thieren friedlich vereint. Die Frauen sind bei ihren Handarbeiten, am schnurrenden Spinnrad oder am Backtrog, die Männer finden wir Schlitt- schuhe schneidend und Schlitten zimmernd; die Kinderschaaren erblicken wir herumspielend oder kriechend, und ihr Geschrei wechselt mit dem Gackern der zahlreichen Hühnerfamilie ab. Endlich gleich bei der Thüre steht das Pferd vor seiner Häckselkrippe. In solcher Porte lebt der Finne, soweit die Geschichte, ja die Sage zurückreicht. Jetzt verschwindet sie allmälig; an ihrer Stelle findet man oft die im Grunde nur wenig von ihr ver- schiedene Tuba (Stube). In den südlichen Küstengegenden und auf den Scheeren haben die Bauernhäuser viel Aehnliches mit denen der Schweiz. Die überhängenden Dachplanken sind zum Schutz gegen die Feuchtigkeit mit einer Mooslage belegt und diese grünen Dächer gewähren einen eigenthümlichen, eben nicht unangenehmen Anblick. Im Südosten des Landes, in Karelien und besonders in den Kirch- spielen am User des Lüdoga, da erblüht die heilige Blume der Dichtkunst noch urkrästig. Hier giebt es vielleicht nicht ein Kirchspiel, das nicht unter seinen Bewohnern einen oder mehrere Dichter zählte. Es sind schlichte Bauern. Zuweilen machen sie ihre Verse aus dem Stegreif und singen sie gleich bei einem Feste; oft auch arbeiten sie dieselben sorgsam aus. Sie tragen sie in ihren Gedanken herum, des Morgens, wenn sie zur Arbeit gehen, des Abends, wenn sie von des Tages Mühen ausruhen. ^st machen mehrere zusammen ein Gedicht. Wenn in einem Kirchspiele zwei befreundete Dichter wohnen, kommen sie zuweilen in ihren Mußestunden zusammen. Dann setzen sie sich quer über eine Bank einander gegenüber, fassen sich gegenseitig die Hände und nun beginnt vor einer zahlreich versammelten Zuhörerschaft von Männern, Frauen und Kindern der Gesang. Der

7. Geographische Bilder aus allen Erdtheilen - S. 15

1878 - Danzig : Verlag und Druck von A. W. Kafemann
Der Kreml in Moskau. Kijew. 15. dieser festen, kriegerischen Ringmauern stehen die Bauwerke und Monumente, an denen sich seit der Gründung Moskaus sieben Jahrhunderte verewigten und in denen fast alle älteren National-Heiligtümer und historischen Reliquien, die bis auf unsere Zeit gekommen, untergebracht sind. Im Vordergründe erheben sich die goldenen Kuppeln der prachtvollen Kathedrale zur Verkündigung und zur Himmelfahrt Mariä, der Kathedrale des Erz- engels Michael und die zahlreichen anderen Kirchen und Klöster, unter denen die elf Kuppeln der Kirche des Erlösers hinter dem goldenen Gitter und die acht dunkelblauen und goldenen Kuppeln des Tschudowa-Klofters alle übrigen an Glanz überstrahlen. Um die Mitte dieser Gruppen von Kirchen und glänzenden Kuppeln strebt mächtiger als alle andern der schlanke Glockenthurm des Iwan Weliki mit seiner seltsamen Zwiebelkuppel und seinem hohen Kreuz in die Höhe, und bildet von dieser Seite auch unge- fähr den Mittelpunkt der ganzen wirren Masse von Gebäuden und Thür- men. Zwischen ihnen verschwinden fast die Ueberreste des kolossalen alten Zaarenpalastes. Den Hintergrund dieser Kirchen, Klöster und Paläste bil- den die Kuppeln und Dächer der riesenmäßigen Gebäude auf der Nord- seite des Kreml: des Senats und des alten und neuen Arsenals. Blendend<Farben sind aufs Mannichfaltigste und in den schroffsten, Gegensätzen an den Gebäuden des Kreml verschwendet. Weil sieben Jahr- hunderte hier sich in ihren Formen erschöpften, so sind die sieben Farben des Regenbogens planlos an diesen planlosen Gruppen von Thürmen und Palästen nebeneinandergestellt. Viele dieser Gegensätze sind im Laufe der Zeit gemildert. Neben oen dunklen Thürmen und dem alternden Mauer- werk nehmen sich die blendend weißen Steinmassen der späteren Bauten und Reparaturen um so seltsamer aus. Der Kreml scheint doch in Mannich- faltigkett und barocker Zusammenstellung der Formen alle Pracht des Orients hinter sich zurückzulassen. Zum Ausbau des Kreml haben Europa und Asien ihre Beiträge ge- liefert, und kein Volk ist leer ausgegangen. An einem und demselben Ge- bäude ruht auf byzantinischen Bogen ein gothisch-deutsches Dach; über der mongolischen Kuppel erhebt sich der türkische Halbmond, und griechische Säulen stehen zwecklos vor einer überfüllten Wand. Von dem Eingänge zum Kreml betrachten wir besonders das nach Osten gelegene heilige Thor des Erlösers. Jeder, der dieses Thor passirt, ist gezwungen, sein Haupt zu entblößen. Der Russe wird schon, auch wenn er kein Moskowiter ist, durch den Anblick des heiligen Bildes über dem Thore an seine Religionspflicht erinnert. Ein Fremder würde diese nothwendige Ebrfurcht leicht übersehen, wenn nicht die Thorwache für die allgemeine Erfüllung Sorge trüge. Die Pforte des Erlösers führt zu den religiösen Monumenten und Heiligtümern, die sämmtlich auf der Höhe des Kreml und dem kolossalen Kathedralenplatz liegen. Sobald man die Höhe des Platzes erreicht hat, sieht man die riesenmäßige Glocke am Fuße des hohen Glockenthurms, die größte, die je gegossen wurde. Bis 1817 unter Erde und Schutt vergraben, ist man erst seit Kurzem auf ihren Ur- sprung aufmerksam geworden, und hat seitdem auch angefangen, die aus- gezeichneten Reliefs, mit denen ein großer Theil der Glocke bedeckt ist, zu beobachten und abzubilden. Nach Blasius. 9. Kijew. Die Höhe, auf welcher Kijew (in Kleinrußland) gelagert ist, bildet den nördlichen Rand der sogenannten „kamennaja grjada“, jenes breiten steinreichen Landrückens, welches das südliche Rußland von den östlichen Ausläufern der Karpathen bis zur Wolga durchschneidet.

8. Geographische Bilder aus allen Erdtheilen - S. 16

1878 - Danzig : Verlag und Druck von A. W. Kafemann
16 Bilder aus Europa. — Rußland. Kurz vor der Einfahrt in die Stadt wird man das Denkmal des Großfürsten Wladimir gewahr, der das Christenthum in Rußland einführte. Von einer Gartenanlage umgeben, steht auf mächtigem capellenartigen Piedestal die colossale Frgur majestätisch da, das Kreuz hoch empor haltend. Der Platz für das Denkmal ist außerordentlich gut gewählt: es steht hoch auf dem Berge, und beherrscht so den Fluß, in welchem die Taufe der ersten russischen Christen vollzogen wurde. Kijew mit seinen 74,000 Einwohnern ist eine nicht unbedeutende Han- delsstadt. Sie liegt in einem fruchtbaren Gouvernement, in welchem die für Südrußland charakteristische Schwarzerde bereits vorwiegt, Ackerbau und Viehzucht, namentlich aber der Runkelrübenbau mit großem Erfolge betrie- den werden. Tuchfabrikation und Branntweinbrennerei sind sehr verbreitet. Die Stadt zerfällt in zwei ihrem Charakter wie ihrer Lage nach ganz ge- sonderte Theile: die untere Stadt, „Podol", die dicht an den Fluß her- antritt, hat meist unansehnliche schmutzige Gassen und großenteils hölzerne Häuser. Hier treiben die Händler, darunter viele Juden, und die Schiffer ihr Wesen. Der aristokratische Stadttheil liegt auf hohem Berge. Hier finden wir viele stattliche Gebäude, wie die „Wladimir-Universität", und die bedeutendsten Kirchen der Stadt, vor allen die berühmte Sophien- Kathedrale. An einem der schönst gelegenen Punkte aber, dort wo nach einer alten Tradition der Avostel Andreas um das Jahr 40 nach Christus das Kreuz pflanzte, ist von der Kaiserin Elisabeth eine kleine zierliche Kirche aufgeführt worden. Von hier aus schaut das Auge über die untere Stadt hinweg das Dnjepr-Thal hinab. Den Dnjepr hinab gleiten zahlreiche Kähne in raschem Tempo; die Strömung ist reißend. Aber auch der Blick in die obere Stadt ist ein erquickender. Das dichte Laub der Eichen, des Ahorns, der Pappeln und Akazien, das die Stadt umkränzt, wirkt in wohlthuend- ster Weise. Werden wir schon durch diese Baumarten daran erinnert, daß wir uns im südlichen Rußland befinden, so bringt ein Gang durch die Straßen der oberen Stadt dies uns noch zu deutlicherm Bewußtsein: an den Fenstern Jalousien; vor den Hotels und Kaffeehäusern Stühle und Tische, durch große leinene Zeltdächer gegen die heiße Julisonne geschützt; das herrlichste Obst, darunter Melonen und Arbusen (Wassermelonen), an den Straßenecken zu wohlfeilen Preisen ausgeboten; die Trinkhallen, in denen Soda- und Selterswasser gereicht wird, weit häufiger als in Peters- burg und Moskau. Die Bevölkerung von Kijew hat bereits eine ganz andere Physiognomie als die Moskaus. Man merkt sogleich, daß man im Lande der Klemrussen ist. Auch vielen Polen begegnet man. Ungefähr eine Stunde von Kijew, stromabwärts, befindet sich der besuchteste Wallfahrtsort des Reichs, das „Kijew'sche Höhlenkloster", das um die Mitte des elften Jahrhunderts durch den hl. Antonius, welcher längere Zeit in Konstantinopel und auf dem Berge Athos geweilt hatte, seinen Ursprung empfing. Man kann sich kaum einen düstereren Gang denken als den durch diese Katakomben. Zuerst steigt man in einem mit Glas gedeckten Corridor Hunderte von Stufen zur ersten Capelle hinab. Zur Rechten und zur Linken kniet eine ungeheure Menge von meist ver- krüppelten Bettlern. Sie flehen, ihre verstümmelten Gliedmaßen vorwei- send, die mildthätig gestimmten Wallfahrer um ein Almosen an. Das Ge- murmel, welches uns auf den ersten Stufen empfing, verwandelte sich, je weiter wir gingen, in ein immmer lauter werdendes wüstes Geschreis wel- ches das Schauerliche der Situation noch erhöhte. Endlich sind wir am Eingang in die eigentlichen Höhlen angekommen und zünden uns Wachs- kerzen an. Ehe wir den unheimlichen Gang antreten, fällt unser Blick auf ein drastisches Fresko-Bild, auf welchem viele Teufel arme Menschenseelen

9. Geographische Bilder aus allen Erdtheilen - S. 17

1878 - Danzig : Verlag und Druck von A. W. Kafemann
Das Klima der pontischen Steppe. 17 peinigen. Nun geht es durch labyrinthartige, schmale, finstere, feuchte Gänge an den mit farbigen Gewänvern bedeckten Gebeinen der hier in kostbaren Särgen beigesetzten Mönche und Heiligen vorüber, immer tiefer in den Schooß des Berges hinein. Von Zeit zu Zeit kommt man in etwas weitere capellenartrg eingerichtete Räume, in denen ein Priester, von Chorsängern unterstützt, mit den Pilgern einen Gottesdienst begeht. Der Mönch, der uns führte, war ein düsteres Wesen; als eine junge Dame, die zu unserer Gesellschaft gehörte, sich die Dinge mit etwas weltlichem Blick anschaute, wurde sie barsch zur Ordnung gerufen: „Sie sind hier um zu beten und die Gebeine der Heiligen zu verehren, nicht aber um zu gaf- fen!" Wiederholt gewahrt man ganz kleine fensterartige, nur mit Metall- platten bedeckte Oeffnungen in den Mauern. Hier hatten sich in den fin- steren Jahrhunderten des religiösen Fanatismus fromme Büßer einmauern lassen. Durch das Fensterchen reichte man ihnen Brot und Wasser. Wenn sie es nicht mehr in Empfang nahmen, dann waren sie wol gestorben und das Fenster ward verschlossen. Aus einem hohlen eisernen Kreuze wird dem Besucher der Höhlen geweihtes Wasser gereicht, wogegen er eine Münze spendet. Im Kijew'schen Höhlenkloster strömen durch die vielen Tausende von Pilgern außerordentliche Reichthümer zusammen. Aus allen Theilen des Reiches kommen die Beter in Scharen hierher gezogen. Durch diese Wall- fahrt und die reichen Spenden, die sie oem Kloster zu Theil werden lassen, glauben sie den Himmel zu versöhnen. Mackche hoffen Genesung von schwerer Krankheit durch dieses gute Werk zu erringen. Natürlich verstärkt auch vielfach die Liebe zum Müßiggang die Scharen der Wallfahrer. Viele hundert Meilen werden zu Fuß zurückgelegt; in den Dörfern können die Pilger und Pilgerinnen — es sind viele alte Frauen darunter — auf gast- liche Aufnahme rechnen. Der Ruf von der Heiligkeit und Wunderkraft des Höhlenklosters ist in jedes noch so kleine Dorf des Riesenreiches gedrungen. L. Thomas: Nah der allgemeinen Zeitung. 10. Das Klima der pontischen Steppe. Die Natur schläft in den Steppen einen so langen Winterschlaf, daß man im Frühlinge wohl ein freundlicheres Erwachen erwarten könnte, als man im April und Mai an ihr wahrzunehmen gewohnt ist. Der Steppen- frühling beginnt mit der schmutzigen Zeit der Schneeschmelze, und wenn die Steppe im Sommer oft Monate lang kein erfrischendes Tröpfchen Wassers an sich zieht und Meilen weit nicht den geringsten Quell dieser schönen Bodenmilch aus seinem klapperdürren Boden entläßt, so strömt nun im Beginn des Frühlings das unruhige Element überall, wo man es wünscht und nicht wünscht. Die ganze Steppe geht auf, und ihre ganze Oberfläche, wo nicht der dickste und älteste Rasen sie festigt, verwandelt sich in einen schwarzen schmierigen Brei, so daß es dem Menschen unmöglich ist, seinen Fuß auf dem ganzen weiten Gefilde irgendwo sicher hinzusetzen, wo nicht seine Hand ein Plätzchen überbrückt hat. Von allen Rücken und in allen Schluchten und Thälern brausen die schmutzigsten Ströme des widerlichsten ^L^sbrs. In den Wohnorten der Menschen, wo durch die Straßen eben solche wilde Ströme und Wässerfälle geräuschvoll arbeiten, wird der gräu- lichste Unrath, den die Schneedecke liebreich verbarg, enthüllt und durch die geführt. In dieser Zeit gehen die Hauptveränderungen der Boden- oberfläche der Steppen vor sich. Regenschluchten reißen sich oft in einer Nacht bis zu Klaftertiese aus. Die Senkungen der Küsten am Meere finden nun vorzüglich statt, sowie auch Verflözungen der oberen Fruchterde- Kriigcr, Geographische Bilder. 2

10. Geographische Bilder aus allen Erdtheilen - S. 18

1878 - Danzig : Verlag und Druck von A. W. Kafemann
18 Bilder aus Europa. — Rußland. decke, die so bedeutend sind, daß in einigen Tagen lange Thalstrecken mit einer mehrere Ellen dicken Erdschicht bedeckt werden. Hat sich durch alle diese Gährungen der Frühling nun endlich hin- durch gearbeitet, und waren schöne ruhige Tage am Ende Aprils und im Mai sanft niedergestiegen, so kommt dann die angenehmste und erfreulichste Zeit der Steppe, die dann wie eine grüne Oase erscheint zwischen den ver- brannten Graswüsten des Sommers und den Schneeflächen des Winters. Die ganze Steppe, so weit sie reicht, thut dann ihr Möglichstes in Erzeu- gung grüner Gräser. Diese Jugendzeit der Steppenkräuter ist die schönste Zeit der Steppe, und es mag das Außergewöhnliche ihres Anblicks dem Fremdlinge Reiz gewähren. Das Grün entfaltet sich hrer in großen unabsehbaren Massen und wieder von Neuem in grenzenlosen Flächen. Nirgens eine kühne Er- hebung, ein hoffnungsvolles Aufstreben zum Himmel. Alles, alles liegt bleiern und matt darnieder. Da wird die Farbe der Hoffnung fast zur Farbe der Verzweiflung. Nachtfröste sind hier im Frühling völlig unbekannt. Wenn auch die Nächte kälter ffnd als die Tage, so bleibt es doch nur bei einem besonders in den Thälern kalten Thau, während auf der hohen Steppe selbst des Nachts eine ziemlich warme Temperatur herrscht. Gewitter beginnen schon im April sich zu zeigen, und oft wettert es den ganzen Mai hindurch. Natürlich sind dies nur electrische Entladungen. So lange diese Frühlingsgewitter noch aufsteigen und ihren Segen dem Lande nicht vorenthalten, so lange giebt es auch noch Thau in den Nächten, und erst in der Mitte des Juni hören die Thaue mit den Niederschlügen zusammen auf. Der Boden der Steppe ist im Sommer erhitzt und klafft, gesprungen überall, vergebens nach Regenlabung schreiend. Die Sonne geht in dieser heißen Zeit meistens feuerroth auf und ebenso unter und um Mittag wölbt sich ein bleicher Himmel über dem Lande, denn die starken Ausdünstungen aller Dinge, der Meere, der Thäler, der Thier- und Pflanzenwelt, der Flüsse, welche letztere vertrocknend oft ganz zum Himmel aufsteigen, schwellen immer die Luft mit wässerigen Dünsten, welche aber die Hitze nicht zum Niederschlage kommen läßt, sondern schwebend in der Lust erhält. Die Hitze wäre wohl an und für sich nicht so unerträglich und wird es nur mehr durch ihre Dauer. Nie wird sie durch einen Zwischenact von Kühlung unterbrochen. Es ist dies eine Zeit großer Leiden alles Lebendigen auf der Steppe. Die zarten Pflanzenkeime sinken zusammen und verdorren. Die Steppe verliert die Frische ihres Frühlingsgrüns, wird dunkler, braun und fall völlig schwarz, als hätte alles ein zehrender Brand versengt; Menschen und Thiere magern ab. Die Heerden der wilden Ochsen und mehr noch der Pferde, die im Mai so voll und muthig waren, sind matt und lahm. Die Wasserteiche schmelzen zusammen, die Brunnen versiegen, die Quellen stocken, und da, wo noch im Frühlinge Wellen schlugen, staubt jetzt der Boden. Ende Juli und August erreicht die Dürre ihren höchsten Grad. Dann stellen sich wieder starke Nachtthaue ein und Gewitter werden hier und da vom Boden angenommen. Die bleiche Dunst-Atmosphäre klärt sich allmaüg zu freundlichem Blau ab, und alles bildet sich mehr und mehr zum sanften Herbste hinüber. Wenn jenseit der größten Sonnenhöhe entschieden der Mai der angenehmste Punkt war, so ist es nun diesseits eben so entschieden der September. Die Lüfte werden dann äußerst sanft und mild. Zuwecken
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